Thünen wusste schon seit früher Jugend, dass er Landwirt werden wollte. Nach seiner Lehre bis 1802 besuchte er das von Lucas Andreas STAUDINGER (1770-1842) geführte „Landwirthschaftliche Erziehungs-Institut“ in Groß Flottbek bei Hamburg und im Sommer 1803 in Celle die agrarökonomischen Vorlesungen von Albrecht Daniel THAER (1752-1828), dem bedeutendsten Agrarwissenschaftler seiner Zeit.
Der Misserfolg auf seinem ersten Pachtgut Rubkow regte ihn zur intensiven Beschäftigung mit der Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit an. Seine Arbeiten auf diesem Gebiet zählen zu den Grundlagen der Statik des Landbaus – einem Ansatz, der sich mit dem Gleichgewicht zwischen Entzug und Zuführung von Nährstoffen sowie der wechselseitigen Förderung unterschiedlicher Kulturpflanzen im Verbund mit einer humusfördernden Tierhaltung beschäftigt
Thünen erwarb 1809 das Gut Tellow bei Teterow. Hier konnte er durch rationelle Bewirtschaftungsmethoden und eine Reihe von bodenverbessernden Maßnahmen die Erträge steigern. Dabei stützte er sich auf die genaue Beobachtung der Natur. Er begann seine zehnjährige „Tellower Buchführung“, in der er akribisch alle Daten der Gutswirtschaft aufzeichnete.
Inspiriert von seinem Gutsnachbar und Freund Carl POGGE (1763-1831), dessen „Paradieswiesen“ Furore gemacht hatten, ließ auch Thünen sich auf Innovation und Experimente ein und führte systematisch auswertbare Versuche durch. Die Verbindung von Ackerbau und Viehzucht war für ihn elementar. Das spiegelte sich auch in der Anpassung des Bewirtschaftungssystems für das Thünengut wider.
Neben seiner gefragten Beratertätigkeit gab Thünen seine Erfahrungen in einer Vielzahl von Veröffentlichungen in den „Neuen Annalen der Mecklenburgischen Landwirthschafts-Gesellschaft“ weiter.
Durch die wissenschaftliche Aufarbeitung und systematische Anwendung seiner akribischen Buchhaltung für das Gut Tellow wurde Thünen zum Begründer der modernen Landwirtschaftlichen Betriebslehre. Er führte Deckungsbeitrags- und umfassende Kosten-Leistungs-Rechnungen für landwirtschaftliche Produkte, differenzierte Betriebsprogrammplanungen sowie eine exakte kalkulatorische Bewertung nicht marktgängiger betrieblicher Zwischenprodukte durch.
Er lieferte ferner einen grundlegenden Beitrag zur Bewertung (Taxation) von Landgütern und damit zur objektiveren Absicherung verbriefter Agrarkredite.
Durch sein weltbekanntes Landnutzungsmodell, die Thünensche Kreise, wies er nach, dass neben natürlichen Faktoren die Verkehrslage maßgebend für Produktwahl, Produktionsintensität und erzielbare Marktpreise ist. Es gibt für Thünen keine absolute, sondern nur eine relative Vorzüglichkeit landwirtschaftlicher Produktionssysteme (dies kann bei anderem volkswirtschaftlichem Entwicklungsstand und anderen Klimaten auch die Nomadenwirtschaft sein).
Johann Heinrich von Thünen widmete sich auch intensiv forstwirtschaftlichen Untersuchungen. Von ihm zwar unvollendet, wurden diese dennoch posthum 1863 als 3. Teil des Hauptwerkes „Der isolierte Staat“ veröffentlicht: „Grundsätze zur Bestimmung der Bodenrente, der vorteilhaftesten Umtriebszeit und des Werts der Holzbestände von verschiedenem Alter für Kiefernwaldungen“. Als Forstwirt konnte Thünen grundlegende raumökonomische Erkenntnisse ableiten.
Er erkannte die Bedeutung der Transportkosten für die Erzeugnisse der Land- und Forstwirtschaft, und er vermochte, zwischen dem Optimierungskalkül betriebswirtschaftlicher Art und der volkswirtschaftlichen Problematik der Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen zu unterscheiden.
„Ich werde bei einem landwirtschaftlichen Gespräch immer eiskalt, wenn ich finde, dass nur das, was unmittelbar etwas einbringt, Gegenstand des Interesses ist.“
Johann Heinrich von Thünen am 30.12.1829 an Caspar von Voght