Thünen – Vordenker der Nachhaltigkeit
Johann Heinrich von Thünen prägte einen dynamischen Nachhaltigkeitsbegriff, der sowohl Dauer, als auch Veränderung beinhaltet. Fragen einer nachhaltigen Agrarproduktion beschäftigten ihn praktisch und theoretisch.
Thünen ging bereits davon aus, dass nachhaltiges ökonomisches Wachstum durch eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, die Anwendung moderner Technologien und die Einführung neuer Wirtschaftssysteme erreicht würde.
Thünen nutzte die Flächen seines Gutes nachhaltig. Eine solche nachhaltige Landnutzung bedeutete für ihn, zugleich wirtschaftlich tragfähig, sozial verträglich, und im Einklang mit Natur und Umwelt zu handeln. Er wusste, dass dies auch dem Wohle künftiger Generationen dienen würde.
Für Thünen war die „Entdeckung und weise Benutzung der Naturkräfte“ das Wichtigste, „was die Wissenschaft zu leisten hat“. (1841)
Thünen widmete sich als Forscher hauptsächlich folgenden Aufgaben:
- Nahrungs- und Futtermittel rentabel zu produzieren,
- Holzanbau und -transport zu optimieren,
- natürliche Ressourcen so effektiv wie möglich zu nutzen,
- Schutz und Nutzung der Natur im Gleichgewicht zu halten,
- auf seinem Gut wirtschaftlichen und sozialen Aspekten gleichermaßen gerecht zu werden.
Wichtige theoretische Beiträge Thünens sind:
Weltweit erstmalige formale ökonomische Analyse der Nutzung von Gemeinschaftsgütern bei „geregeltem“ und „freiem“ Zugang („Tragik der Allmende“) und eines Vorschlags zur Maximierung dauerhaft hoher Ressourcenrenten am Beispiel von kommunalen Weiden und Fischteichen.
Bestimmung der optimalen Durchforstung und Umtriebszeit von Waldungen
Berücksichtigung der Wohlfahrtswirkungen von „Nährstofftransporten“ durch internationalen Getreidehandel
Systematische ökonomische Analyse eines Produktes, was je nach Anfall und Verwendungsmöglichkeiten positiven Wert aufweisen oder umweltbelastend sein kann.
Thünens Grund- und Hauptprinzipien einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Wirtschaftsweise
Grundprinzipien
- 1. Erhaltung und Mehrung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit
Der Boden ist eine einmalige Naturressource. Er ist die Basis einer nachhaltigen Landwirtschaft. Johann Heinrich von Thünen forderte eine bodengebundene Kapitalverwendung.
- 2. Energieeinsparung und effiziente Energienutzung
Johann Heinrich von Thünen vermied in seinem Wirkungsfeld nutzlose energie- und kostenaufwändige Arbeit. Die nach ihm benannten „Thünenschen Kreise“ beschreiben u.a. durch die Einsparung von Transportkosten auch ein Energiesparmodell.
Hauptprinzipien
- 1. Artenreiche Fruchtfolgen
Thünen war davon überzeugt, dass das natürliche Nebeneinander der Pflanzen in der Landwirtschaft unverzichtbar ist. Auch ein durchdachtes Nacheinander (Fruchtfolge) wirkt ausgleichend auf den Boden.
- 2. Artgerechte Haltung und Ernährung aller Nutztiere
Auch früher existierten auf den Gütern große Tierbestände, die jedoch weitgehend artgerecht gehalten und ernährt wurden. Dass sich das mit der Einführung industrieller Methoden der Tierhaltung so gravierend ändern würde, konnte Thünen nicht wissen. Dennoch forderte er schon zu seiner Zeit: „die Viehzucht muss mit dem Ackerbau verbunden bleiben“ (1842).
- 3. Unverzichtbarkeit der Weidewirtschaft
Für Thünen ist die Weidewirtschaft eine unverzichtbare, relativ extensive Wirtschaftsform. Sie hat sowohl in seinem Kreismodell, als auch in der Realität der Tellower Gutswirtschaft ihren festen Platz.
- 4. Einheit von intensiver und extensiver Wirtschaftsweise
Die Begriffe intensiv und extensiv bildeten für Thünen eine Einheit. Er erkannte ihre Relativität, bedingt dadurch, dass der Intensitätsgrad durch viele Faktoren bestimmt wird. Thünen wusste bereits, dass die Wechselwirkung, die zwischen der Größe der Produktion und der Höhe der Preise stattfindet, nie außer Acht gelassen werden darf.
- 5. Nützlichkeit aber auch Schönheit der Agrarlandschaft
Die Realisierung der Thünenschen Grund- und Hauptprinzipien einer nachhaltigen Landwirtschaft wirkt besonders auf die Förderung der ökologischen Vielfalt des Lebens. Verbunden damit ist ein ganz wichtiger „Nebeneffekt“: die Entwicklung der Schönheit der Agrarlandschaft.
„Die Aufgabe, die der Landwirt zu lösen hat, ist die: den nachhaltig höchsten reinen Ertrag aus dem Grund und Boden zu ziehen.“
Johann Heinrich von Thünen, 1831