Jede Geschichte ist geprägt von Wandel und Veränderung, von objektiven und subjektiven Faktoren, die eine Entwicklung positiv oder negativ beeinflussen. Die Geschichte des Thünen-Museums-Tellow begann mit dem ganz besonderen Enthusiasmus seines Gründers Rolf-Peter Bartz. Er begeisterte Menschen in seinem Umfeld für die Idee, ein Museum für den Gutsherrn Johann Heinrich von Thünen (1783-1850) zu gestalten. Er bezog Jung und Alt mit ein und machte sie zu Mitstreitern für eine gute Sache, die in der DDR einen nicht einfachen Start hatte.
1969 – 1988
Rolf-Peter Bartz kam 1969 als Lehrer nach Gottin und Matgendorf. Um die Geschichte des Gutes Tellow wissend, gründete er im August 1969 die Arbeitsgemeinschaft „Natur- und Heimatforscher“. Die Schüler-AG begann, das verfallene Gutsensemble mit Enthusiasmus und Naivität zu retten. Rolf-Peter Bartz mobilisierte die Tellower. Er fand Helfer und Mitstreiter, die die Arbeit der Schüler-AG und den Aufbau eines Heimatmuseums aktiv unterstützten.
Bild: Das Tellower Gutshaus 1969. Foto Wilhelm Stolpe, Archiv Thünen-Museum-Tellow.
Am 4. April 1972 öffnete das Thünen-Museum-Tellow mit vier Ausstellungsräumen. Die Eröffnung fand wegen eines Einberufungsbefehls für den 26 Jahre jungen Rolf-Peter Bartz zum Dienst in der Nationalen Volksarmee überstürzt statt. Die Schüler versprachen ihrem Lehrer, sich in der Zeit seiner Abwesenheit um das Museum zu kümmern.
Bild: Rolf-Peter Bartz mit Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft „Natur- und Heimatforscher“ vor dem Tellower Gutshaus. Foto: Archiv Thünen-Museum-Tellow.
Nach der Rückkehr von Rolf-Peter Bartz von seinem dreijährigen Wehrdienst überarbeitete er mit der Schüler-AG die Ausstellung zur Ur- und Frühgeschichte der Region.
Bild: Ausstellungsraum 1975. Foto: Archiv Thünen-Museum-Tellow.
Unverzüglich wurde begonnen, den vom Schwamm befallenen Fußboden im Gutshaus zu sanieren. In den nächsten Jahren bewahrte die Schüler-AG gemeinsam mit ihren Mitstreitern auch weitere historische Gebäude auf dem Gutshof vor dem Abriss. Sie begannen, diese als Museumsgebäude zu nutzen.
Bild: Fußboden im Gutshaus. Foto: Archiv Thünen-Museum-Tellow.
In der Region hatte sich das „Thünen-Museum-Tellow“ einen Namen gemacht. Die Tageszeitung der CDU in der DDR „Der Demokrat“ titelte „Statt Gänse hüten … vorbildliche außerschulische Heimatarbeit in Matgendorf“.
Bild: "Der Demokrat" vom 16.11.1976
Den ersten internationalen Besuch gab es bereits 1978. Wissenschaftler aus Tokio suchten den Wirkungsort Johann Heinrich von Thünens auf. Inmitten eines sozialistischen Staates, der die „Junkerwirtschaft“ und das Privateigentum an den Produktionsmitteln ablehnte, fanden Sie ein Museum für einen Gutsherrn vor – ein Museum, das von Schulkindern geführt wurde.
Bild: Blick auf das Tellower Gutshaus. Foto: Dr. Horst Krüger, um 1983. Archiv Thünen-Museum-Tellow.
Der 200. Geburtstag von Johann Heinrich von Thünen brachte dem Museum nationale und internationale Anerkennung – und erstmals eine staatliche Unterstützung. Die Universität Rostock würdigte das Geburtstagsjubiläum des Agrar- und Wirtschaftswissenschaftlers mit der Veranstaltung eines „Symposiums mit internationaler Beteiligung“ in Zusammenarbeit mit der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR und der Historikergesellschaft der DDR. Das Symposium fand vom 22. bis 24. Juni 1983 statt. Das offizielle Programm sah für den 24. Juni 1983 eine Exkursion ins „Heimatmuseum Tellow“ und eine Kranzniederlegung am Thünengrab in Belitz vor. Dies war ein besonders willkommener Anlass, um die Thünenausstellung mit den zur Verfügung stehenden bescheidenen Möglichkeiten völlig zu überarbeiten.
Bild: Rolf-Peter Bartz mit einigen Schülern der AG Natur- und Heimatforscher bei der Gestaltung des Thünen-Museums. Foto: Archiv Thünen-Museum-Tellow.
Die Universität Rostock übergab dem Thünen-Museum Exponate aus dem Thünen-Archiv „zu treuen Händen“. Die Thünen-Büsten von Heinrich Daniel Kaehler (1804-1878) und Ludwig Brunow (1843-1913) aus den Jahren 1850 bzw. 1883 zieren als Dauerleihgabe der Universität Rostock noch heute die Thünenausstellung.
Bild: Foto: Thünenausstellung 1983. Aufnahme von Horst Krüger aus Wendfeld bei Sanitz, 1996 erster Vorsitzender des Museumsfördervereins.
Thünens Pferdestall aus dem Jahr 1815 war stark baufällig geworden und der Abriss des Gebäudes stand unmittelbar bevor. Aber was wäre der Gutshof ohne diesen eindrucksvollen Fachwerkbau?! Mit fachliche Hilfe galt es dies zu verhindern. Reinhard Balzer aus Teterow nahm sich des Projektes gemeinsam mit befreundeten Handwerkern der Region an.
Bild: Der Pferdestall auf dem Thünengut Tellow. Aufnahme um 1950, Thünen-Archiv der Universität Rostock und Archiv des Thünen-Museum-Tellow.
In Feierabendarbeit wurde der „Thünenstall“ ab September 1985 saniert und konnte somit gerettet werden. Ihren Anteil daran hatte auch die Schülerarbeitsgemeinschaft: sie hatte schon ein Jahr lang Notsicherungsmaßnahmen am gesamten Dach ergriffen und neue Fundamente inmitten des Gebäudes hergestellt. Nun reinigten die Kinder jeden einzelnen Dachstein, denn die alten handgestrichenen Biberschwanzziegel sollten wiederverwendet werden.
Bild: Rolf-Peter Bartz vor dem Thünenstall 1985. Archiv Thünen-Museum-Tellow
Die Öffentlichkeit schaute längst interessiert auf die sich herausbildende Thünengedenkstätte. Dazu trug sicher wesentlich bei, dass sich das Geschichtsbild in der DDR langsam, wenn auch nur selektiv, zu ändern begann. Ein deutlicher Aufschwung war die Folge, das Thünen-Museum-Tellow hatte sich seinen festen Platz im Altkreis Teterow erobert: 1988 wurde das Thünen-Museum-Tellow in die Trägerschaft des Kreises Teterow übernommen.
Bild: Hinteransicht des Tellower Gutshauses. Foto: Dr. Horst Krüger, um 1983. Archiv Thünen-Museum-Tellow.
1989 – 1999
Rolf-Peter Bartz bekleidete ab dem 1.1.1989 offiziell das Amt des ersten Direktors. Als im November 1989 die Mauer fiel, konnten sich auch Interessierte aus den alten Bundesländern für die Bewahrung des Thünenerbes in Tellow engagieren. Der Museumsdirektor nutzte die neuen Möglichkeiten, die sich ihm boten. Er suchte das Familien-Thünen-Archiv der Universität Stuttgart-Hohenheim und den Geburtsort Thünens Canarienhausen auf. Er stellte Kontakte zu noch lebenden Nachfahren Thünens und dessen Freund und Gutsnachbarn Carl Pogge (1763 – 1831) her.
Bild: Thünens Geburtshaus in Canarienhausen. Foto: Rolf-Peter Bartz (1990).
Einige Mitglieder der Thünenfamilie besuchten schon 1990 das erste Mal das kleine Dorf Tellow. Aus Anlass des 140. Todestages Johann Heinrich von Thünens am 22. September fand auf dem Thünengut eine Gedenkveranstaltung statt. Rolf-Peter Bartz hatte neben Nachfahren von Thünens Wissenschaftler und Hochschullehrer der Universität Rostock, der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und weitere Persönlichkeiten aus Kirche und Politik eingeladen. Erstmals kamen auch Vertreter der internationalen Thünenforschung nach Tellow: Professor Dr. Robert W. Peplies aus den USA und Professor Dr. Nobukazo Taniguchi aus Japan. An diesem Tag gründete sich die Thünengesellschaft Tellow e.V. zur Bewahrung und Pflege des Thünenerbes, die ihren Sitz seitdem in Tellow hat. Den ersten Vorsitz übernahm Professor Dr. Gerhard Jannermann.
Bild: Blick auf die Tellower Dorfstraße in den 1980er Jahren. Zum Tellower Gutshofensemble geht es hinter der Schnitterkaserne (Bildmitte hinten) links ab. Foto: Horst Krüger. Archiv Thünen-Museum-Tellow.
Rolf-Peter Bartz arrangierte erste gesamtdeutsche Familientreffen. Die Nachfahren von Thünens Gutsnachbarn Carl Pogge (1765-1831) trafen sich im Mai anlässlich des 200. Geburtstages von Friedrich Pogge (1791 – 1843). Im Juni zum Thünengeburtstag fand das erste Treffen der Thünenfamilie statt.
Bild: Erstes Treffen der Thünenfamilie 1991. Foto: Archiv Thünen-Museum-Tellow.
In Asheville / North Carolina formierte sich die „Thünen Society – North American Division“ als nordamerikanische Tochtergesellschaft. Gründungspräsident wurde Robert W. Peplies (1931-2018), zu der Zeit Professor für Geografie an der East Tennessee State University. Seine Worte über die weltweite Ausstrahlung des Thünenerbes auf der Gründungveranstaltung sind unvergessen:
„Thünen gehört nicht nur seiner Geburtsregion Oldenburg,
Thünen gehört nicht nur seiner Wahlheimat Mecklenburg,
Thünen gehört nicht nur Deutschland,
Thünen gehört der ganzen Welt!“
Bild: Robert W. Peplies (1931-2018), Professor für Geografie an der East Tennessee State University (U.S.A.), Gründer der Amerikanischen Tochtergesellschaft der Thünengesellschaft Tellow e.V. Thünen Society – North American Division (1992). Foto: U. Meyn, 2002
Die vom Umbruch gekennzeichnete Zeit am Anfang der 1990er Jahre verschaffte dem Thünen-Museum Freiraum und finanzielle Mittel, die nach besten Möglichkeiten genutzt wurden. Die Tellower Museumsleitung erarbeitete mit Unterstützung der Thünengesellschaft Tellow e.V. die „Entwicklungskonzeption 1992 – 2010“, in welcher langfristige Ziele und Maßnahmen abgesteckt wurden. Auf der Grundlage der dieser Konzeption bewilligte das Bundesagrarministerium ein umfassendes Förderprogramm.
Bild: Die Thünenscheune vor der Sanierung 1992. Foto: Horst Krüger.
Fast gleichzeitig konnten Sanierungsarbeiten an mehreren Gebäuden des Thünengutes in Angriff genommen werden:
- Das Gutshaus und Thünenscheune wurde grundsaniert.
- Die Dächer der Neubauernhäuser wurden neu gedeckt.
- Die Thünenkate wurde nach ihrem Umbau 1992 als Jugendbegegnungsstätte eröffnet.
- Auch die beiden Brücken im Thünenpark, die die sogenannte „Liebesinsel“ in den Parkrundgang integrieren, wurden erneuert.
Das Wohlwollen, welches das Thünen-Museum-Tellow in dieser Zeit erfuhr, war das Ergebnis eines gemeinschaftlichen Zusammenspiels, das durch so manches Mitglied der Thünengesellschaft als Fürsprecher gefördert wurde.
Bild: Die Jugendbegegnungsstätte Thünenkate. Foto: Ulrich Meyn.
Die kommunale „Kulturstiftung Teterower Kreis“ wurde Träger des Thünen-Museums-Tellow. Das vergrößerte den Handlungsspielraum des Freilichtmuseums. Tellow zog durch seine geschickt positionierte Einführung von Festen, die zur Tradition wurden, viele Gäste an: das Parkfest zum Thünengeburtstag, der Bauernmarkt im September und die „Dörpwihnachten up de Tellowsche Däl‘“ erfreuten sich großer Beliebtheit. Das Thünengut war fest verankert in der Region, viele Gäste kamen immer wieder und verpassten keine Veranstaltung.
Bild: Spiel und Spaß für Groß und Klein beim Tellower Parkfest. Horst Stanislaus (Mitte) dirigiert das Aalgreifen. Foto: Archiv Thünen-Museum-Tellow, 1997.
Das Thünengut erwies sich als besonders geeignete Begegnungsstätte. So wurden die Tagungsmöglichkeiten oft durch regionale Institutionen genutzt. Zu ihnen gehörten der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern e.V., der Bauernverband Güstrow e.V., aber auch die in Tellow ansässigen Vereine, wie z.B. die Thünengesellschaft Tellow e.V.
Bild: Die langjährigen Mitarbeiter Sabine Dehmel und Horst Stanislaus in ihrem Element. Hier: Ferkeltaufe auf dem Bauernmarkt. Foto: Ulrich Meyn, 2000.
Später kamen die AG Erhaltung und Nutzung der Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern e.V., der Verein der Freunde und Förderer des Thünen-Museums-Tellow e.V. und der Verein für mecklenburgische Familien- und Personengeschichte e.V. hinzu. Kontakte zu Fakultäten der Rostocker Universität, aber auch z.B. zur Humboldt-Universität zu Berlin, zur Universität Stuttgart-Hohenheim mit dem Familien-Thünen-Archiv und zur Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder wuchsen über die Jahre.
Bild: Der Kreisbauernverband Güstrow tagte regelmäßig auf dem Thünengut. V.l.n.r.: Peter Brandt, Geschäftsführer Herbert Ey, Vorsitzender, Hartmut Grosse, Vorstand. Foto: Ulrich Meyn, 2005.
Das Thünengut lebte im wahrsten Sinne des Wortes. 1994 wurde das Engagement der Tellower Mitstreiter mit der feierlichen Übergabe einer hohen Auszeichnung belohnt. Für herausragende Leistungen im Bereich der Erhaltung von Kulturerbe erhielt die Museumsleitung aus den Händen von Thomas de Maiziere, zu der Zeit Staatssekretär im Kultusministerium von Mecklenburg-Vorpommern, einen Europa-Nostra-Preis. Die Begründung der Jury lautete:
„Für die vorbildliche Wiederherstellung und Nutzung einer Mecklenburgischen Gutsanlage unter Verwendung traditioneller Baumaterialien in Verbindung mit beispielhafter Projektarbeit für Jugendförderung" (1993)
https://www.europeanheritageawards-archive.findbuch.net
Bild: Die Rettung des historisch gewachsenen Gutshofenembles „Thünengut Tellow“ wurde 1993 mit dem Europa-Nostra-Preis ausgezeichnet. Die Plakette ziert seitdem das Tellower Gutshaus.
Im Jahre 1994 wurde Professor Dr. Fritz Tack zum Vorsitzenden der Thünengesellschaft Tellow e.V. gewählt. Gefragt, welche Ziele er sich für das Wirken der Thünengesellschaft wünsche, antwortete er in einem Interview mit Christian Menzel für die „Schweriner Volkszeitung“:
„Anliegen der Gesellschaft ist es, Möglichkeiten der Begegnungen und des Gedankenaustauschs zu schaffen. Das auch vor dem Hintergrund, dass wir junge Akademiker und Landwirte für die Arbeit des Vereins begeistern wollen.“ (19.6.2017)
Bild: Fritz Tack, Vorsitzender der Thünengesellschaft Tellow e.V. seit 1994, bis 2006 Professur für Agrartechnik / Verfahrenstechnik der umweltgerechten Landbewirtschaftung an der Universität Rostock, Mitglied des Landtages Mecklenburg-Vorpommern 2006-2016. Hier bei seiner Ansprache im Rahmen der Präsentation der Thünengesellschaft Tellow e.V. und ihrer Partner in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin am 10. März 2010. Foto: U. Meyn.
Professor Dr. Fritz Tack hat 2020 für eine weitere (letzte) Wahlperiode den Vorstandsvorsitz angenommen. Als Dekan der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät von 1996 bis 2000 pflegte er dauerhaft und engagiert den Kontakt zur Universität Rostock. Als Mitglied des Landtages von 2006 bis 2016 setzte er sich mit aller Kraft für den Fortbestand des Thünengutes bzw. des Museums ein. Gleiches gilt für seine Mitgliedschaft im Kreistag des Landkreises Rostock, die er bis heute unter anderem für den Disput um die Sicherung und Pflege des Standortes Tellow als Ursprungsort des Thünenerbes nutzt – eine der wichtigsten, bereits in der Satzung verankerten Aufgaben der Gesellschaft.
Bild: Fritz Tack, Vorsitzender der Thünengesellschaft Tellow e.V. seit 1994, bis 2006 Professur für Agrartechnik / Verfahrenstechnik der umweltgerechten Landbewirtschaftung an der Universität Rostock, Mitglied des Landtages Mecklenburg-Vorpommern 2006-2016. Hier bei seiner Ansprache im Rahmen der Präsentation der Thünengesellschaft Tellow e.V. und ihrer Partner in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin am 10. März 2010. Foto: U. Meyn.
Im Gutshaus wurde eine Bibliothek mit wertvollen Buch- und Archivbeständen eingerichtet. Den Grundstock hierfür bildete die vom Stadtarchiv Rostock an das Thünen-Museum-Tellow übergebene Bibliothek des Mecklenburgischen Patriotischen Vereins. 1798 als „Mecklenburgische Landwirthschafts-Gesellschaft“ gegründet, beinhaltet die Bibliothek des MPV wertvolle Buchbeständen, so u.a. die eigenen Annalen mit etlichen Aufsätzen Johann Heinrich von Thünens, den Schriftentausch mit anderen deutschen landwirtschaftlichen und patriotischen Vereinen sowie den Mecklenburg-Schwerinschen Staatskalender.
Bild: Angela Ziegler
Im Jahre 1996 gründete sich unter der Leitung des Museumsdirektors Rolf-Peter Bartz der „Verein der Freunde und Förderer des Thünen-Museums-Tellow e.V.“ Erster Vorsitzender wurde Dr. Horst Krüger. Der Förderverein sollte seinem Namen u.a. dadurch gerecht werden, dass er sich um die sinnvolle Nutzung der Museumsgebäude, um besucherwirksame Veranstaltungen, um die Einbindung des Museums in die ländliche Region und um die Förderung von Kinder- und Jugendbeschäftigung sowie ehrenamtlicher Tätigkeit auf dem Thünengut kümmert. Mitglied des Fördervereins wurden meist regional ansässige Handwerker und viele Mitstreiter der ersten Jahre, die sich für die Arbeit des Thünen-Museums-Tellow begeisterten.
Bild: Erster Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer des Thünen-Museums-Tellow e.V. Dr. Horst Krüger. Hier in der Werkstatt der Thünenscheune bei seiner Lieblingsbeschäftigung, der Natur-Holz-Gestaltung. Foto: Ulrich Meyn, um 2002.
Das Thünen-Museum-Tellow feierte seinen 25. Geburtstag. Gäste aus nah und fern gratulierten und nahmen Anteil am Wachsen und Werden der Einrichtung. Die 1990er Jahre waren von einem stetigen Vorankommen geprägt. Richtschnur des Handelns: die „Entwicklungskonzeption 1992 – 2010“. Ende der 1990er bis Anfang der 2000er wurden auch die Thünen-Ausstellungsbereiche intensiv überarbeitet.
Bild: Vor dem Gutshaus in Tellow entstanden im Jubiläumsjahr 1997 die Thünenschen Kreise. Foto: Ulrich Meyn, Archiv Thünen-Museum-Tellow.
Der Museumsdirektor Rolf-Peter Bartz erhielt 1998 aus den Händen des damaligen Ministerpräsidenten Mecklenburg-Vorpommerns Dr. Berndt Seite das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Mit dieser Auszeichnung wurde das Engagement für die Entwicklung des kulturellen Lebens in Mecklenburg-Vorpommern gewürdigt. Bartz betrachtete die Auszeichnung als ein Zeichen für die Wertschätzung und die Aktualität des Thünenschen Erbes.
Bild: Rolf-Peter Bartz wurde für seine Verdienste um die Entwicklung des kulturellen Lebens in M-V mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Foto (1998): U. Meyn.
Nach nur drei Jahren kam der „Verein der Freunde und Förderer des Thünen-Museums-Tellow e.V.“ in die Lage, den Fortbestand des Museums sichern zu müssen. 1999 wurde die kommunale „Kulturstiftung Teterower Kreis“ aufgelöst. Da sich kein anderer öffentlicher Träger fand, gründete der Verein der Freunde und Förderer des Thünen-Museums-Tellow e.V. unter der Leitung seines neuen Vorsitzenden Hartmut Grosse mit dem Wohlwollen des Landkreises Güstrow die „Thünengut Tellow gemeinnützige GmbH“ und wurde alleiniger Gesellschafter. Mit Landes- und Kreismitteln sowie bei optimalen arbeitsmarktpolitischen Bedingungen konnten Museumsaufgaben geleistet und die Betriebs- und Personalkosten für das relativ große Areal des Freilichtmuseums – zu dem neben dem Gutshof mit neun Gebäuden auch der Thünenpark gehört – bestritten werden.
Bild: Hartmut Grosse begleitete 1999 als neuer Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer des Thünen-Museums-Tellow e.V. die Gründung der Thünengut Tellow gGmbH. Foto: Ulrich Meyn, 2011.
Das Thünen-Museum-Tellow grenzte sich schon damals von anderen Einrichtungen ab, weil eine komplette Neugestaltung nicht erreicht wurde. Kein Bereich war jemals wirklich fertig. Bei den Museumsgästen wurde das gute Gefühl des Miteinbezogenseins erzeugt, sie befanden sich immer mitten drin in der Veränderung, erlebten Verantwortlichkeit für die Erhaltung einer historischen Gutsanlage. Im Laufe der Jahre reichte es nicht mehr aus, mit den wenigen Mitteln und Möglichkeiten Provisorien durch neue Provisorien zu ersetzen. Der Zahn der Zeit nagte, wo immer ihm Anlass gegeben wurde – und der Sanierungsbedarf wuchs. Sponsorengelder, die es gab, und Projektförderungen durch die öffentliche Hand, die es natürlich ebenso gab, reichten nicht aus, um allen Aufgaben gerecht zu werden.
Bild: Blick in die Thünen-Pogge-Begegnungsstätte, Teil der Thünenausstellung, bis 2020 multifunktional genutzt. Foto: Ulrich Meyn, 1998.
Der Landkreis Güstrow schloss mit der Thünengut Tellow gemeinnützigen GmbH einen langfristigen Pachtvertrag über das Museumsensemble. Die gGmbH sagte zu, alle öffentlichen Abgaben und Lasten gleich einem Eigentümer zu tragen. Der laufende Betrieb der Einrichtung konnte dank der Flexibiblät und besonderen Einsatzbereitschaft des Geschäftsführers der Thünengut Tellow gGmbH Reinhard Balzer immer wieder abgesichert werden, aber zusätzliche Gelder für Erschließungsbeiträge und Instandhaltungsmaßnahmen aufzubringen, war für das Museum sehr schwer.
Bild: Reinhard Balzer war 17 Jahre lang Geschäftsführer der Thünengut Tellow gGmbH. Foto: Ulrich Meyn, 2015.
2000 – 2019
Vom 21. bis 24. September fand anlässlich von Thünens 150. Todestag eine Internationale Thünenkonferenz statt. Veranstalter waren die Universität Rostock und die Thünengesellschaft Tellow e.V. Wissenschaftler aus den USA, Kanada, Japan, Polen, den Niederlanden, England, Ungarn, Irland und Deutschland referierten und diskutierten über „Thünensches Gedankengut in Theorie und Praxis“. Um die Organisation der Konferenz hatte sich Dr. Michael Rauscher, Professor für Volkswirtschaftslehre und Außenwirtschaft an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock, als Vorstandsmitglied der Thünengesellschaft sehr verdient gemacht.
Bild: Der Einladung auf das Thünengut sind die Gäste der Internationalen Thünenkonferenz gern gefolgt. Foto: Ulrich Meyn,
Im Rahmen der Tellower Veranstaltungen der Internationalen Thünenkonferenz wurde die „Johann-Heinrich-von-Thünen-Stiftung“ gegründet.
Bild: Unterzeichnung des Gründungsdokuments der Johann-Heinrich-von-Thünen-Stiftung im September 2000. V.l.n.r.: Reinhard Schwarze, Dr. Gerhard Kaeding, Reinhard Balzer, Rolf-Peter Bartz, Hartmut Grosse, Professor Dr. Fritz Tack. Foto: Ulrich Meyn.
Das „Gärtnerhaus“ neben dem Gutshaus konnte durch eine großzügige Spende eines Mitgliedes der Thünengesellschaft Tellow e.V. sowie des Vereins der Freunde und Förderer des Thünen-Museums-Tellow e.V. in das museale Gutshofensemble integriert werden. Es wurde, gefördert vom Land Mecklenburg-Vorpommern, zum „Internationalen Thünenzentrum“ umgestaltet. In der oberen Etage wurden zwei Gästewohnungen ausgebaut.
Bild: Das Gärtnerhaus wurde um 1900 errichtet. Foto: Ulrich Meyn.
Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern strich den „Thünen-Titel“ aus dem Landeshaushalt – eine Förderung der Museumsarbeit von 150.000 DM jährlich. Einen Ausgleich schuf Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus durch die Verpachtung von Landesflächen in der Größenordnung des einstigen Thünenschen Gutes an den Museumsträger. Seine Idee war: durch Landwirtschaft Gewinn erwirtschaften und diesen in das Museum fließen lassen.
Bild: Landschaftsfoto: Ulrich Meyn, 2014.
Mithilfe des Landwirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern nahm der Museumsträger Thünengut Tellow gGmbH die Bewirtschaftung der Pachtflächen auf. Jedoch bewahrheitete sich das Sprichwort „Aller Anfang ist schwer“, denn das Management für Landwirtschaftsbetrieb ließ in den ersten Jahren sehr zu wünschen übrig. Von einem Gewinn, der die gestrichene Förderung des Landes MV ausgleicht, konnte keine Rede sein. Viele Vorhaben, die für das Gutsensemble in der Entwicklungskonzeption 1992-2010 genannt worden waren, konnten trotzdem umgesetzt werden. Der Vorstand der Thünengesellschaft Tellow e.V. hatte einen großen Anteil daran.
Bild: V.l.n.r.: Hartmut Grosse, Professor Dr. Ilona Buchsteiner, Rolf-Peter Bartz, Professor Dr. Fritz Tack. Am Rednerpult: der stellvertretende Vorsitzende der Thünengesellschaft und langjährige Bürgermeister von Teterow, der Stadt, die Thünen 1848 die Ehrenbürgerschaft verliehen hatte, bei seiner Rede auf der Jubiläumsveranstaltung „30 Jahre Thünen-Museum-Tellow“. Foto: Ulrich Meyn.
Aus Anlass des 30. Geburtstages des Thünen-Museums 2002 lobte der Landwirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommerns Dr. Till Backhaus die Fortschritte auf dem Thünengut voller Überschwang:
„Tellow ist zu einem Mekka für Wissenschaftler aus allen Kontinenten geworden. Tellow hat sich durch die Vielzahl und Vielfältigkeit der Veranstaltungen zu einem Besuchermagneten entwickelt. Tellow führt die Jugend an das Thünenerbe heran. Die Jugendbegegnungsstätte, die Thünenkate, ist ein Knüller für viele kleine Thünenfreunde. Und es ist offensichtlich: Tellow wird immer attraktiver, Tellow gewinnt zunehmend an Ausstrahlung: als Bildungsstandort - die Auftragsbücher sind gut gefüllt, als kultureller Schwerpunkt in der Region, als Netzwerkteil für Biotechnologien. Hier sehe ich die Schmiede, um über andere Formen des Zusammenlebens nachzudenken. Und wir können heute feststellen, dass es alle Akteure in Tellow verstanden haben, der guten Tradition folgend nicht nur Brücken in die Welt zu bauen, sondern dass man auch die Chance genutzt hat, Brücken in die Zukunft zu bauen."
Bild: Minister Dr. Till Backhaus, hier anlässlich der Präsentation der Thünengesellschaft Tellow in der Landesvertretung MV in Berlin am 24.3.2010. Foto: Ulrich Meyn.
Die „Schnitterkaserne“ wurde zum Jugendgästehaus umgebaut. Fast gleichzeitig funktionierte die Thünengut Tellow gGmbH den Kornspeicher der Thünenscheune zum Gutsmarkt, Café und Eingangsbereich des Museums um. Durch die geschaffenen Übernachtungsmöglichkeiten wurde es möglich, auch z.B. mehrtägige Seminare auf dem Thünengut durchzuführen.
Bild: Das Jugendgästehaus „Schnitterkaserne“. Foto: Ulrich Meyn, 2003.
Bereits anlässlich des Parkfestes 2003 wurde auch die Galerie im Tellower Kornspeicher, in der künftig wechselnde Sonderausstellungen veranstaltet werden sollten, eingeweiht. Die erste Sonderausstellung war eine Facklam – Werkschau, zur Verfügung gestellt von Helga Leopoldi, der Tochter des Malers, kombiniert mit „Gewachsener Schönheit“ - Natur-Holz-Gestaltung von Dr. Horst Krüger.
Bild: Einweihung der Tellower Speichergalerie am 21. Juni 2003. V.l.n.r.: Rolf-Peter Bartz, Helga Leopoldi, Angela Ziegler, Dr. Horst Krüger. Foto: Ulrich Meyn.
Trotz nationaler und internationaler Anerkennung des Museums hatte die Thünengut Tellow gGmbH als seine Betreiberin zunehmend Schwierigkeiten, den grundlegenden Museumsaufgaben nachzukommen. Die arbeitsmarktpolitische Situation verschlechterte sich, Mieteinnahmen fielen weg und die Auszahlung der Fördermittel des Landkreises verschob sich immer öfter. Nicht selten wartete die Tellower Geschäftsführung mindestens bis zur Jahresmitte und darüber hinaus auf die dringend benötigten Haushaltsmittel. In jedem Dezember entließ die Geschäftsführung vor oder nach dem in der Öffentlichkeit beliebten Weihnachtsfest „Dörpwihnachten up de Tellowsche Däl‘“ „aus betriebsbedingten Gründen“ fast alle Mitarbeiter, wovon auch das Stammpersonal nicht ausgenommen wurde. Von Januar bis April ließ sich durch diese Maßnahme einiges an Lohnkosten sparen. Damit einhergehend folgten Einschränkungen des touristischen Angebotes und das ständige Abwägen der Prioritäten.
Bild: Der Weihnachtsmann war immer bei den Dörpwihnachten up de Tellowsche Däl zu finden. Er blieb dem Thünengut Tellow all die Jahre treu. Foto: Ulrich Meyn.
Einen finanziellen Lichtblick gab es 2006 mit der Einführung des „Zukunftsfonds“ durch den Landtag Mecklenburg-Vorpommern. Er stellte fünf Jahre lang eine Auszeichnung dar, die nur wenige Einrichtungen des Landes erhielten. Für das Thünen-Museum war er bereits im ersten Jahr seiner Zuteilung ein Rettungsanker. Im Oktober ging der erste Abschnitt der Photovoltaikanlage auf dem Dach der Thünenscheune in Betrieb.
Bild: Photovoltaikanlage auf dem Dach der Thünenscheune. Foto: Archiv Thünen-Museum-Tellow 2006.
Die Thünengesellschaft Tellow gestaltete gemeinsam mit dem Thünen-Museum-Tellow den 225. Geburtstag Johann Heinrich von Thünens. Die Universität Rostock lud zu einer einer Konferenz mit internationaler Beteiligung im Johann-Heinrich-von-Thünen-Haus der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät ein. Die Thünengesellschaft sammelte aus Anlass des Jubiläums Spenden für die Erneuerung der Goldinschrift auf dem Grabstein Thünens an der Kirche zu Belitz.
Bild: Am Thünengrab in Belitz erfolgte anlässlich des 225. Thünengeburtstages eine Kranzniederlegung. Im Bild Dr. Gerhard Kaeding aus der Thünenfamilie (links) und Professor Dr. Fritz Tack, Vorsitzender der Thünengesellschaft Tellow e.V.
Es war ein besonders ermutigendes Zeichen, dass sich das 2008 eingerichtete Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei Braunschweig für den Namen „Johann Heinrich von Thünen“ entschied. Als der Namenspatron in Form einer Bronzebüste, die der nordfriesische Künstler Fabian Vogler gestaltet hatte, für das dortige Forum enthüllt wurde, erhielt Tellow als Zeichen der Verbundenheit einen zweiten Abguss, den der damalige Präsident Professor Dr. Carsten Thoroe 2009 in einem feierlichen Akt im Beisein des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern Henry Tesch auf dem Thünengut enthüllte. Sie ziert seither die „Thünenschen Kreise“ vor dem Tellower Gutshaus. Zwei weitere Abschnitte der Photovoltaikanlage wurden auf dem Dach der Thünenscheune installiert.
Bild: Der Präsident des Thünen-Instituts Braunschweig Professor Dr. Carsten Thoroe mit Fabian Vogler, Rolf-Peter Bartz (v. l.) bei der Enthüllung der Thünenbüste vor dem Tellower Gutshaus. Foto: U. Meyn.
Aus Anlass des 20jährigen Bestehens der Thünengesellschaft Tellow präsentierte sie sich im März 2010 gemeinsam mit der Thünengut Tellow gGmbH und weiteren Partnern in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern. Für das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sprach Dr. Rainer Gießübel. Er würdigte die Arbeit, die in Tellow geleistet wurde. Er sagte, dass Tellow ein lebendiger Ort sei, wo Geschichte und Wissenschaft erlebbar wird. Besonders in Erinnerung geblieben war den Anwesenden jedoch die lebendige Rede des Präsidenten des Thünen-Instituts Professor Dr. Folkhard Isermeyer.
Bild: Präsentation in der Landesvertretung MV im März 2010. V.l.n.r.: Lutz da Cunha, Landrat Landkreis Güstrow, Rolf-Peter Bartz, Angela Ziegler, Dr. Till Backhaus, Landwirtschaftsminister MV, Professor Dr. Fritz Tack, Dr. Reinhard Dettmann, Jutta Struwe, Thünennachfahrin. Foto: Ulrich Meyn.
Zum Thünengeburtstag im Juni wurde das 200jährige Jubiläum des Umzugs Johann Heinrich von Thünens und seiner Familie nach Tellow gebührend gefeiert. So wurde z.B. die Szene des Einzugs nachgestellt. Hunderte Gäste begleiteten die junge Familie von Thünen bei der Ankunft in ihrer Kutsche vor dem Tellower Gutshaus. Das große Fest auf dem Gutshof bleibt allen unvergesslich.
Bild: Einzug der „Familie von Thünen“ in Tellow. Foto: Ulrich Meyn, 2010.
Im März 2011 feierte der Museumsgründer Rolf-Peter Bartz mit vielen Freunden, Mitstreitern und Wegbegleitern seinen 65. Geburtstag. Er nahm den besonderen Tag zum Anlass, den Staffelstab an seine Nachfolgerin Angela Ziegler zu übergeben. In ihrer Antrittsrede würdigte sie die 42 Jahre engagierten Einsatzes für die Bewahrung des Thünenerbes durch Rolf-Peter Bartz. Sie machte aber auch deutlich, welchen Schwierigkeiten sich das Thünen-Museum-Tellow zu stellen habe: „Das Thünenerbe in Tellow – gerettet, bewahrt – (aber ist es auch) tragfähig für unsere Zukunft?“
Bild: Loslassen fällt schwer … Rolf-Peter Bartz bei der symbolischen Staffelstabübergabe für die Leitung des Thünen-Museums-Tellow an Angela Ziegler. Die ersten Glückwünsche kamen von Hartmut Grosse, Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer des Thünen-Museums-Tellow e.V. Foto: Ulrich Meyn.
Das Thünen-Museum-Tellow beging seinen 40. Jahrestag mit einer würdigen Festveranstaltung. Die Festrede, die allen Anwesenden noch lange in Erinnerung blieb, hielt der Museumsgründer Rolf-Peter Bartz.
Bild: Gäste der Jubiläumsveranstaltung „4o Jahre Thünen-Museum-Tellow“ 2012. Foto: Ulrich Meyn.
Anlässlich des Jubiläums wurde der Ausstellungsbereich Ur- und Frühgeschichte der Region in Kombination mit der eigenen Museumsgeschichte eröffnet. So war es möglich, Exponate zu zeigen, die durch die Umgestaltung zur Thünenausstellung jahrelang nur noch im Magazin lagerten. Hierzu wurde der Boden des Neubauernhauses Riedel mit eigenen Mitteln gestaltet.
Bild: Rolf-Peter Bartz eröffnet den neuen Ausstellungsbereich auf dem Dachboden des Neubauernhauses „Riedel“. Foto: Ulrich Meyn 2012.
Eine historische Parkführung, die „Johann Heinrich und Helene von Thünen“ alias Rolf-Peter Bartz und Angela Ziegler gemeinsam bestritten, machte den 230. Thünengeburtstag zu etwas Besonderem. In Ermangelung des ersehnten Fortschrittes in der grundlegenden Ausstellungserneuerung erarbeitete die Museumsdirektorin zu diesem Jubiläum eine kurz gefasste Museumsbroschüre, die fortan als kleines Mitbringsel oder Werbegeschenk für Gäste diente.
Bild: Historische Parkführung anlässlich des 230. Thünengeburtstages mit Helene und Johann Heinrich von Thünen (Angela Ziegler und Rolf-Peter Bartz). Foto: Ulrich Meyn, 2013.
Von 2013 bis 2015 unterstützte das Thünen-Institut Braunschweig das Thünen-Museum-Tellow durch eine gemeinsam erarbeitete Wanderausstellung mit dem Titel „LandNutzenLeben“, die gleichzeitig auch als Dauerausstellung auf dem Thünengut gezeigt wurde. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, die das Projekt finanzierte, förderte damit zugleich die inhaltliche Arbeit im Thünen-Museum-Tellow.
Bild: Blick in den Ausstellungsbereich „LandNutzenLeben“ im Neubauernhaus Brosowski. Foto: Ulrich Meyn, 2014.
Die regionale Entwicklung des Tellower Gutsensembles wurde 2014 zum Leitprojekt in der LEADER-Förderung MV deklariert: „Das Thünen-Museum-Tellow – Zeitreise durch zwei Jahrhunderte auf dem Thünengut“. Das Thünen-Museum-Tellow war von Anbeginn bestrebt, neben der Thünenrezeption auch die regionale Entwicklung des Gutsensembles darzustellen. So sind die Neubauernhäuser auf dem Thünengut Zeitzeugen der schweren Nachkriegsjahre bzw. der LPG-Zeit. Oftmals kamen die Besucher, um sich gerade diese Bereiche anzuschauen, die sie besonders rührten und manchmal an die eigene Vergangenheit erinnerten.
Bild: Das Schild am Tellower Gutshaus weist auf die LEADER-Förderung MV hin. Foto: Angela Ziegler
Das Thünengut konnte mithilfe der LEADER-Förderung und Spenden von Mitgliedern der Thünengesellschaft die beiden Holzbrücken im Thünenpark, einige Fenster im Gutshaus eine defekte Heizanlage und die Fassaden von Guts- und Gärtnerhaus sanieren.
Bild: 2016 konnten dank LEADER-Förderung und Spenden Sanierungsarbeiten durchgeführt werden. Foto: Reinhard Balzer, 2016.
Der 70. Geburtstag des Museumsgründers war noch einmal Anlass für einen optimistisch gestimmten Rückblick. Bevor die große Gästeschar eintraf, gratulierte das Kollektiv des Thünen-Museums-Tellow. Mit dabei immer der langjährige Mitarbeiter und ehrenamtliche Museumsfotograf Ulrich Meyn. „Im Thünen-Museum-Tellow macht jeder alles!“, so lautete die Devise. Das bedeutete nicht mehr und nicht weniger, als dass sich jeder auf den anderen verlassen konnte und alle Mitarbeiter immer das Wohl der gesamten Einrichtung im Blick hatten. Sie waren das Aushängeschild für das Thünen-Museum-Tellow.
Bild: Kollektiv des Thünen-Museums-Tellow im Jahre 2016 v.l.n.r.: Christine Milhan, Sabine Dehmel, Sabine Hermann, Rolf-Peter Bartz, Angela Ziegler, Ulrich Meyn, Reinhard Balzer. Auf dem Foto fehlen Christa Kindt, Horst Stanislaus und Herward Müller. Foto: Frau Meyn.
Die Unterhaltung des denkmalgeschützten Gutshofensembles wurde für den Pächter zunehmend problematischer. Der Landkreis Rostock hatte daher als Eigentümer der Anlage schon länger abgewogen, nicht allen Gebäuden des an sich eine museale Nutzung zuzuerkennen. Seit Juni 2017 setzte ein langer Entscheidungsprozess ein, der im Ergebnis zu einer neuen Definition führen sollte, welche Objekte als Teil des Thünen-Museums-Tellow anerkannt und gefördert werden. Die Thünengesellschaft Tellow, der Museumsförderverein sowie alle Mitstreiter kämpften weiter für die Anerkennung der gesamten Anlage als Freilichtmuseum.
Bild: Professor Dr. Fritz Tack, Vorsitzender der Thünengesellschaft Tellow e.V., Rolf-Peter Bartz, Geschäftsführer der Thünengesellschaft Tellow e.V. und Angela Ziegler, Vorstandsmitglied und Museumsdirektorin. Foto: Chr. Menzel, veröffentlicht in der SVZ vom 19.6.2017 zum Beitrag „Aufbruch von Tellow aus in die Welt“ von Christian Menzel.
Ein neuer Mehrheitsgesellschafter – ein erfolgreiches Unternehmen im Bereich des ökologischen Landbaus – stieg zu Jahresbeginn 2018 in die gGmbH ein. Dieser neue Gesellschafter sollte die wirtschaftlichen Bereiche des Thünengutes ausbauen und weiterentwickeln, während der Landkreis Rostock den Kernbereich fördern würde. Er übernahm den Landwirtschaftsbetrieb der Thünengut Tellow gGmbH. Die Forderung nach einem neuen Museumskonzept setzte die Thünengut Tellow gGmbH im Rahmen ihrer Kulturförderung durch das Ministerium für Wissenschaft, Bildung und Kultur Mecklenburg-Vorpommern 2018 um.
Bild: Schlachtetag auf dem Thünengut. Monika Berg brät Kostproben auf dem Küchenherd im Neubauernhaus Schildt. Foto: Ulrich Meyn, 2018.
Bereits im Sommer signalisierte der Mehrheitsgesellschafter seinen Ausstieg aus der gGmbH. Die Pläne des Unternehmens für ein „Kompetenzzentrum Ökologische Landwirtschaft Tellow“ scheiterten. Das Land Mecklenburg-Vorpommern gab bekannt, den Pachtvertrag für die rd. 345 ha Landesflächen nicht zu verlängern. Die in der Thünengut Tellow gGmbH angestellten Mitarbeiter haben während all dieser Entwicklungen weiter Veranstaltungen abgesichert, das Museumscafé geöffnet, Besucher geführt, die riesige Anlage gepflegt u.a.m. Besonders beliebt bei den Gästen war der frische Kuchen aus der Backstube des Gutsmarktes.
Bild: Christa Kindt war die erste festangestellte Mitarbeiterin des Thünen-Museums-Tellow. Hier in der Backstube des Museumscafés, fotografiert von Ulrich Meyn anlässlich der letzten Dörpwihnachten 2019.
Zur Absicherung der Veranstaltungen gehörte auch, dass manche Kollegen zu den alljährlich sehr gut besuchten „Dörpwihnachten up de Tellowsche Däl‘“ in ein Kostüm geschlüpft sind. Jung und Alt liebten die Szenen zwischen dem Weihnachtsmann und dem „Bienchen“ Sabine Dehmel, die die Veranstaltungen all die Jahre souverän moderierte. Dass 2019 das letzte Dörpwihnachten gefeiert wurde, hatte sich keiner der Mitstreiter bewusstgemacht.
Bild: Szene aus den letzten Dörpwihnachten up de Tellowsche Däl‘ 2019. Frau Holle (Annett Kosbi), Sabine Dehmel, Weihnachtsmann (Maik Ahrens) und die Hexe (Angela Ziegler) geben sich ein Stelldichein auf der Bühne in der Thünenscheune. Foto: Ulrich Meyn.
ab 2020
Bis zum 1. November hielt die Thünengut Tellow gGmbH den Museumsbetrieb aufrecht. Die Jugendbegegnungsstätte Thünenkate, die Thünenscheune mit Kornspeicher und das Gästehaus Schnitterkaserne wurden durch die Tellower Tourismus- und Marketing GmbH, Tochtergesellschaft der gemeinnützigen GmbH, für Veranstaltungen und Übernachtungen genutzt. Zum Ende des Jahres wurde allen Mitarbeitern gekündigt. Die Thünengut Tellow gGmbH gab die Betreibung des Thünen-Museums-Tellow auf.
Bild: Blick aus dem Gutshaus auf das Gutsensemble am letzten Museumsöffnungstag, dem 1. November 2020. Foto: Angela Ziegler.